Am Ende überwiegt die Zuversicht in den Standort Bietigheim-Bissingen: Mittelständler und Autozulieferer setzen auf Flexibilität, gute Produkte, gute Mitarbeiter und Innovationsfähigkeit. Ein Bericht vom ersten BZ-Wirtschaftsforum.
Es ist ein Querschnitt durch die Struktur der Betriebe, von denen er Wirtschaftsstandort Bietigheim-Bissingen lebt, den die sieben Manager und Firmenchefs repräsentierten, die sich zum ersten BZ-Wirtschaftsforum in den Räumen der Druck- und Verlagsgesellschaft Bietigheim trafen, um über die Zukunftsperspektiven am Standort zu diskutieren. Zahnstangen- und Getriebehersteller Atlanta mit Geschäftsführer Klaus Jäger profitiert von seiner starken Position in einer Nische. Atlanta ist ebenso ein mittelständisch geprägtes Familienunternehmen wie die Firma Geiger, repräsentiert durch Geschäftsführer Hans-Michael Dangel, die sich mit mechanischen und elektrischen Getrieben für Sonnenschutz eine starke Position erobert hat. Eine ganz andere Stellung gegenüber Markt und Kunden als die beiden Metallunternehmen hat die Firma Basler (Geschäftsführung Dr. Michael Allert), die mit ihren Haarpflegeprodukten als Händler und Hersteller im Wettbewerb mit Versendern steht.
Thomas Wiesbauer sieht sich mit seinen Kränen als Dienstleister,der aktuell vomUmbau der Energiekonzerne profitiert, und Abteilungsdirektor Stephan Keßler von der Kreissparkasse Ludwigsburg versteht sich als regional verankerter Bänker, der die ähe zu seinen Kunden pflegt. UlrichMette und Pressesprecherin Dr. Susanne Roeder repräsentieren den weltweit tätigen Automobilzulieferer Valeo, der in der Bietigheimer aiernstraße Schalter und Sensoren für den französischen Mutterkonzern entwickelt.
Über eines herrschte beim BZ-Forum Übereinstimmung wischen Metallern, Dienstleistern, Bänker und Weltkonzern: „Uns alle wird es in 20 ahren noch geben“, sagen sie. Die Antworten auf aktuelle Herausforderungen fallen aber ganz unterschiedlich us. Das zeigt sich etwa beim Thema Gewinnung von ersonal und Nachwuchs angesichts einer älter werdenden Bevölkerung. Das hoch ualifizierte Personal, das für die hoch qualifizierten Produkte der Firma Geiger notwendig sei, „bekommen wir imMoment“, sagte Geschäftsführer Hans-Michael Dangel. Das Unternehmen sei auf Expansion ausgelegt, „deshalb planen wir nicht mit Personalschwund.“ Allerdings seien Unternehmen wie Geiger mittelfristig auch auf Zuwanderung von Fachkräften angewiesen, ist Dangel überzeugt.
Auch für Atlanta wird es schwieriger, Ingenieure zu bekommen, mit deren Hilfe die eigene Zukunftsfähigkeit gesichert werden kann, machte Geschäftsführer Klaus Jäger deutlich. Mittelständler wie Atlanta „müssen am Standort Bietigheim- Bissingen onkurrenzfähig bleiben“, betonte er. „Hier entwickeln wir die Nischenprodukte, die ir weltweit verkaufen“, verdeutlichte er den Bedarf an Innovation im Unternehmen. „Ein einfaches Zahnrad ist in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig“, sagte Jäger, angelernte Arbeiter seien deshalb immer schwerer zu beschäftigen.
Autozulieferer Valeo setzt dagegen auf den wechselseitigen Austausch von Personal einer weltweit angesiedelten Produktions- und Entwicklungsstätten, eispielsweise in Indien, China, Korea und Japan, soManager UlrichMette: „Das geht in den täglichen Ablauf über.“ Deutsche Valeo-Mitarbeiter nutzen im Gegenzug die rbeit im Ausland als Chance zum Aufstieg, wo sie schon in jungen Jahren große erantwortung übernehmen könnten, ergänzt Sprecherin Dr. Susanne Roeder. In Deutschland seien zuletzt spanische Ingenieure eingestellt worden – eine Auswirkung er Krise des Landes in Südeuropa.
Die zunehmend kurzen Produktzyklen und ein ständig wechselnder Markt stellen hohe Anforderungen an die Flexibilität der Mitarbeiter, machte Schwertransport-Unternehmer Thomas Wiesbauer deutlich. Seine Folgerung: „Bildung ist nicht mit der Schule zu Ende“. Die Dienstleistungen seines Unternehmens hätten sich zuletzt vom Baugewerbe weg zur Industrie und vor allem zu Energieunternehmen gewandelt, die zum Beispiel schweres Gerät für das Aufstellen und Warten von Windkraftanlagen benötigen.
„Der Wandel ist unserMotor“, sagte Wiesbauer.
Unabhängig von der Größe haben flexibleUnternehmen die größten Chancen, sich zu behaupten, ist Dr. Michael Allert von der Firma Basler überzeugt. Es hänge aber von der Motivation der Mitarbeiter ab, „wie flexibel ich mit meiner Mannschaft arbeiten kann“. Manche Mitarbeiter möchten ich eben nur ein gewisses Maß an Belastung zumuten, „und diese Menschen muss ich auch mitnehmen“. Es komme eben nicht nur auf die Mitarbeiter in Schlips und Kragen an“, sagte der Basler-Geschäftsführer.
Es braucht eine Menge Erfahrung und „Gefühl für die Kunden“, um als Bänker auf die zunehmend kurzfristigen Planungen der Kunden eingehen zu können, sagte Stephan Keßler von der Kreissparkasse. In der Krise der Jahre 2008 und 2009 seien Firmen und Kreissparkasse noch enger zusammengerückt.Die Unternehmen hätten zunehmend die Bedeutung von Planungen erkannt und Erfahrungswerte gesammelt, „denn irgendwann steht die nächste Krise an“. Diese Nähe sei für ihn unabdingbar, „denn als Bänker weiß ich noch weniger als mein Kunde, wie sich der Markt entwickelt“. Die Regionalisierung der Kreissparkasse ist für Abteilungsdirektor Keßler die Garantie, dass seine Bank auch in 20 Jahren noch eine starke Stellung haben wird.
Für Atlanta-Geschäftsführer Klaus Jäger zählt vor allem die mittelständische Struktur, um auf viele Jahre überlebensfähig zu bleiben. Seine Marschroute: „In der Nische müssen wir immer das Gegenteil von großen Konzernen produzieren.“ Für Michael Allert von Basler lautet die Devise für die kommenden 20 Jahre: „Jeder Tag ein neuer Weg zum Kunden“. Basler habe auch in Zukunft Potenzial, „weil hier Kunden mit Menschen sprechen, die Entscheidungen treffen“. Das Familienunternehmen Geiger werde sich behaupten, ist Hans-Michael Dangel überzeugt, weil nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund stehe, sondern die Herstellung von guten Produkten mit qualifizierten Mitarbeitern. Auch Valeo sei positiv gestimmt für die kommenden 20 Jahre, so Ulrich Mette: „Was wir dann aber produzieren werden, weiß ich nicht.“